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Freitag, 25. April 2014

Making of … Pysanky in Buenos Aires - ein Krimimärchen - Teil 3



Als ich das erste Mal in Buenos Aires war, hatte ich einen Flug gebucht, der erst spätabends in Ezeiza landete. Als ich gegen halb 2 Uhr durch die Calle Florida zu meinem Hotel in der Nähe der Plaza de Mayo lief, fiel mir eine Gruppe von Leuten auf, die sorgfältig Kartons falteten und stapelten. Ich dachte, die arbeiten für die Müllabfuhr und beachtete sie nicht weiter.

Doch dann fielen mir nicht nur jeden Abend Leute auf, die sich ausschließlich mit Pappe, Altpapier und leeren Flaschen beschäftigten, sondern ich bekam auch die richtige Müllabfuhr zu sehen. Und deren Mitarbeiter tragen alle T-Shirts mit Logo-Aufdruck.

Wer also waren diese Leute, die da des nächtens große Mengen an Müll sortierten und alles, was für sie interessant war, auf mehr oder weniger improvisierten Karren (oft aus umfunktionierten Einkaufswagen aus dem Supermarkt) in fast schwindelerregende Höhe stapelten?

Woher kamen sie und wohin brachten sie den von ihnen so gründlich aussortierten Müll?

Schnell fand ich heraus, dass es für diese Leute sogar einen eigenen Namen gab: „Cartoneros“ werden sie genannt, weil es überwiegend Pappe und Altpapier sind, die sie einsammeln und dann für wenige Centavos pro Kilo an Recyclingstellen verkaufen.

Jede Nacht bringen die Cartoneros - teilweise arbeiten ganze Familien zusammen, um auf diese Weise ihren Lebensunterhalt zu verdienen - mehrere Fuhren zu diesen Recyclinghändlern, abgerechnet wird am Ende der Nacht.

Aufgrund der hohen Inflation, die zurzeit in Argentinien herrscht, war es mir nicht möglich, aktuelle Preise zu recherchieren, die für die verschiedenen Recyclinggüter gezahlt werden. Die Zahlen, die ich in Pysanky in Buenos Aires nenne, sind alle schon mehrere Jahre alt.

Doch da ich in meiner Novelle auch den „tren blanco“ erwähnen wollte, beließ ich es dabei - die Geschichte von Carmelita spielt also nicht in der Jetztzeit, sondern im Buenos Aires von vor einigen Jahren (ca. 2005).

Der „tren blanco“ war ein Sonderzug, der einige Jahre lang ausschließlich Cartoneros aus den sogenannten „villas miserior“, den Elendsvierteln in den Randbezirken von Buenos Aires, in die Innenstadt beförderte.

Diese Züge fahren allerdings heute nicht mehr - vorgeblich aus Sicherheitsgründen (es wurden vor allem alte, defekte Züge, teilweise ohne Türen und Fenster und mit Löchern im Boden eingesetzt), aber der wahre Grund dürfte sein, dass Politiker die Cartoneros aus dem Stadtbild von Buenos Aires entfernen wollten.

Wer heutzutage als Cartonero sein Geld verdienen will, muss sich mehr denn je ins Zeug legen. Auch Probleme mit den Müllfirmen und der Unehrlichkeit vieler Zwischenhändler erschweren die Arbeit der Cartoneros mehr und mehr. Dies führte dazu, dass sich in den letzten Jahren vermehrt Cartoneros zusammengeschlossen und ihre eigenen kleinen Betriebe gegründet haben. Immer mehr dieser Recycling-Kooperativen entstehen, die sich längst nicht mehr nur auf Pappe konzentrieren, sondern bis zu 19 verschiedene Wertstoffe sammeln.

Doch auch „Familienbetriebe“ wie den von Carmelita und ihren Geschwistern gibt es weiterhin. Und natürlich ist beim Sammeln von recyclingfähigem Müll auch Kinderarbeit keine Seltenheit. Carmelita ist also nicht ganz allein meiner Fantasie entsprungen.

Genaue Zahlen über die Anzahl der Cartoneros in Buenos Aires gibt es nicht. Schätzungen zufolge dürften im Großraum der Metropole am Rio de la Plata jedoch zu den Zeiten des argentinischen Staatsbankrotts Anfang des Jahrtausends bis zu 100.000 Menschen vom Müllsammeln gelebt haben. Heute sollen es um die 30.000 sein.

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