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Dienstag, 30. Oktober 2018

Chris Carter beim Krimifestival München



Am 25. Oktober 2018 stellte Chris Carter in München sein aktuelles Buch Blutrausch (Gallery of the Dead) vor. Für mich ein absoluter Pflichttermin, der trotzdem fast nicht geklappt hätte, denn eigentlich hätte ich in der letzten Oktoberwoche in England sein sollen. Als sich meine Pläne änderten, war die Lesung schon ausverkauft, doch zum Glück verlegten die Organisatoren des Krimifestival München die Lesung vom Amerikahaus ins Anatomische Institut, wo mehr Leute Platz finden.

Letzten Donnerstag war es also soweit, ich war überpünktlich da, aber trotzdem bei weitem nicht die Erste: die Schlange ging bereits durch den ganzen Vorhof bis auf die Straße.

Drinnen fand ich trotzdem einen guten Platz und saß dann erstmal da wie eine übereifrige Studentin mit Notizblock, Stift und Handy.
Pünktlich ging es los, Chris Carter nahm mit dem Moderator des Abends sowie einem Schauspieler, der die deutschen Texte lesen sollte, am mit einer »blutigen« Decke dekorierten Lesetisch Platz.
Von Anfang an war klar, dass Chris Carter außerordentlich offen und wahnsinnig lustig ist. Wieder mal einer, der die Klischeevorstellung vom düsteren, abgedrehten Thrillerautor nicht erfüllt - aber wahrscheinlich würde ein Autor, der wirklich so drauf ist, auch gar nicht auf Lesereise gehen, sondern im stillen Kämmerlein verweilen.

Erst erzählte Carter ein wenig über seinen Werdegang, wie er sich für das Studium der Psychologie entschied und dass er dann zunächst als forensischer Psychologe arbeitete. Ein Job, in dem es seiner Meinung nach keinen einzigen guten Arbeitstag gibt, weil man sich nur mit Mord und Totschlag befassen muss. Mit 27 entschied er sich darum, nach Los Angeles zu gehen und sein Glück als Musiker zu versuchen.

Zu seiner Karriere als Rockmusiker erzählte er in München leider nicht allzu viel, aber dafür machte er einen Witz über Keith Richards, der eine gute Erklärung für Keiths scheinbare Unsterblichkeit bietet: »Wenn du eine Zigarette rauchst, dann wird das Lebensjahr, das dir verlorengeht, Keith Richards gutgeschrieben.«

Was seine jetzige Arbeit als Autor angeht, meinte er, er würde seine Bücher nicht groß im Voraus planen. Zu Beginn hätte er meistens nur einen Satz, aus dem er dann alles entwickeln würde. Bei seinem zweiten Roman Der Vollstrecker war das zum Beispiel der Satz »A killer who kills you with what you fear«. Carter ging sogar so weit zu behaupten, er wisse selbst lange nicht, wer denn am Ende der Mörder sein wird.

Dann erzählte er noch, dass sein erster Roman, Der Kruzifix-Killer, eigentlich als Standalone angelegt war. Daran, eine Serie zu schreiben, hatte er überhaupt nicht gedacht. Eigentlich sollte sein Protagonist Robert Hunter am Ende des Kruzifix-Killers sogar sterben. Doch sein Agent überredete ihn, das Ende umzuschreiben und Hunter zum Serienhelden zu machen. Leider erwähnte er den Namen seines Agenten nicht, bei dem hätte ich mich gerne bedankt!

Über seine Schreibgewohnheiten erzählte er, dass er daheim ein kleines Büro hätte, weil er in der Öffentlichkeit, z.B. in einem Café, nicht schreiben könne. Dabei störe ihn zwar nicht die Geräuschkulisse (angeblich kann er beim Schreiben Death Metal hören, ohne dass das seiner Konzentration abträglich wäre), aber die ständigen Bewegungen um ihn herum lenkten ihn zu sehr ab. Sein Büro jedoch hat eine Besonderheit, die seine Freunde in tiefstes Erstaunen versetzt: Er sammelt Whisky und sämtliche Flaschen seiner Sammlung sind in seinem eher kleinen Büro untergebracht. Dafür erhält er öfter Kommentare wie »Wie kannst du hier nur arbeiten? Es sieht aus wie in einer Bar!«

Auf die Frage, warum er eigentlich Los Angeles als Schauplatz für seine Romane gewählt habe, obwohl er doch schon seit Jahren in London lebe, antwortete Carter, das läge daran, dass Los Angeles so vielfältig und widersprüchlich sei. Auf der einen Seite hätte man extremen Reichtum (wie z.B. in Malibu) und auf der anderen Seite Stadtteile, die komplett von gewalttätigen Gangs kontrolliert werden und wo die Leute extrem arm sind. In diesem Milieu könne seiner Meinung nach alles passieren. Außerdem kannte er sich aufgrund seines früheren Berufes ja schon mit dem amerikanischen Polizeisystem aus und wollte nicht alles neu lernen, nur um seine Bücher in London spielen lassen zu können. (Er hat allen Ernstes behauptet, er sei faul!)

Selbstverständlich erzählte Chris Carter noch viel, viel mehr im Laufe des Abends, einiges davon könnt ihr in den Videos auf meinem YouTube-Kanal anschauen.

Nach der Lesung signierte Carter natürlich auch noch und ich habe neben meinem eigenen Exemplar von Gallery of the Dead auch noch ein Taschenbuch von Blutrausch signieren lassen, dass ich demnächst hier verlosen werde! Also haltet ein Auge auf meinen Blog ...

PS: Viele schöne Fotos von der Lesung kann man auf der Facebookseite des Krimifestival München finden.

Einen sehr schönen Bericht über die Lesung in Würzburg - wo Carter teilweise andere, hochinteressante Details aus seinem Leben und Schaffen zum Besten gab - gibt es auf Gabis Blog Laberladen.