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Samstag, 28. Mai 2016

John Irving Lesung - Straße der Wunder im Residenztheater


Nach dreieinhalb Jahren kam John Irving auf Lesereise wieder in München vorbei. Im Gepäck hatte er sein neuestes Werk Straße der Wunder. Zum Glück hatte ich dieses Buch vor der Lesung schon ausgelesen, weil mit Spoilern sparte der Moderator des Abends nicht gerade. Aber das wäre auch schon die einzige Kleinigkeit, die ich an diesem Abend negativ fand.

Zuerst lasen Irving selbst und der zum Ensemble des Residenztheaters gehörende Schauspieler Michele Cuciuffo abwechselnd aus Straße der Wunder. Diesen Teil des Abends finde ich ja immer nicht so aufregend, da könnte ich mir auch ein Hörbuch kaufen (und Hörbücher mag ich ja bekanntlich nicht so gerne).

Aber dafür war das anschließende Gespräch umso interessanter. Ich kam mit dem Mitschreiben kaum nach und wünschte mir mehrfach, ich hätte ein Aufnahmegerät mitgenommen!

Die erste zitierenswerte Feststellung des Abends war, dass es in einem Roman keine unwichtigen Details gebe, die seien alle wichtig.

Direkt anschließend ließ Mr. Irving sich im Detail darüber aus, dass er mit seinen Büchern in gewissem Sinne schockieren wolle. Er versucht in seinen Romanen immer, dass seinen Protagonisten etwas zustößt, von dem er auf keinen Fall will, dass es ihm selbst oder seiner Familie zustößt. Und selbst dann will er meistens noch einen Schritt weiter gehen.

Wenn er mit dem Schreiben eines neuen Romanes beginnt, weiß er ganz genau, wie dieser enden wird. Bevor er das Ende und die Stimme seines Protagonisten nicht kennt, fängt er nicht mit dem Schreiben an. Er weiß immer ganz genau, auf welches Ziel er hinschreibt.

Interessanterweise begann Avenue of Mysteries als Drehbuch und das schon vor zwanzig Jahren. Im geplanten Film sollte es nur um Juan Diegos Geschichte als Vierzehnjähriger im Jahre 1970 gehen. Als John Irving sich entschloss, aus dem Drehbuch einen Roman zu machen, fügte er die Ebene der Gegenwart hinzu, sodass wir jetzt auch Juan Diego in mittleren Jahren erleben.

Irving ist der Meinung, dass Filme und Theaterstücke am besten funktionieren, wenn in ihnen nicht allzu viel Zeit vergeht - das Gegenteil sei jedoch bei Romanen der Fall. Und so erstreckt sich Juan Diegos Geschichte in Romanform jetzt über 40 Jahre.
Als eine Besonderheit fast aller seiner Romane sieht Irving, dass im Zentrum ein Ereignis steht, dass seinen Protagonisten in jungen Jahren fürs Leben prägt. So ein Ereignis gebe es in 13 seiner bisher 14 Romane.

Dessen war ich mir natürlich gar nicht bewusst! In Gedanken gehe ich seit gestern Abend alle Irving-Bücher durch, aber mir fallen diese »life-changing and life-lasting moments« wirklich nur noch für Last Night in Twisted River, Owen Meany und Widow for One Year ein … Da steht wohl in einigen Fällen ganz dringend ein erneutes Lesen an!

2 Kommentare:

  1. Eine gelungene Lesung hat auch für mich wenig eigentliche Lesung und viel Erzählen drum herum. Da scheint hier ja wunderbar geklappt zu haben. John Irving hätte ich auch gerne dabei beobachtet, wie er sich ein bisschen in die Karten schauen lässt.

    Selbst gelesen habe ich eigentlich nur das Hotel New Hampshire, und da sind mir schlimme Erlebnisse in der Jugend für Frank und vor allem Franny schon als prägend in Erinnerung, auch wenn das von dem sehr bunten Mix an Figuren und Handlung ein bisschen überdeckt wird. Das Buch könnte ich auch mal wieder lesen, schon lange her, dass ich es in der Hsnd hatte.

    Hast Du vielleicht noch die eine oder andere Irving-Empfehlung für mich?

    LG Gabi

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  2. Mein Lieblingsbuch war immer Die wilde Geschichte vom Wassertrinker (auch wenn ich mich kaum noch an die Story erinnern kann - muss auch mal dringendst wiedergelesen werden!), dicht gefolgt von einem DER Irving-Klassiker schlechthin: Owen Meany.

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